Mittwoch, 13. Januar 2021

[Rezension] Vergeltung - Robert Harris



Rezension

Vergeltung von Robert Harris

Umfang: 368 Seiten | Genre: Spionagethriller

Verlag: Heyne | Preis: 22,00 € 



November 1944. Das Deutsche Reich steht vor der Niederlage. In einer Großoffensive setzt es seine modernste Waffe ein – die V2. Tausende dieser ballistischen Raketen mit schwerem Sprengkopf werden auf England abgeschossen. Radar und Aufklärer können sie nicht orten – wie aus dem Nichts stürzen sie mit Überschallgeschwindigkeit auf London herab.

Der Ingenieur Rudi Graf hat mit seinem Freund Wernher von Braun einst davon geträumt, einmal eine Rakete zum Mond zu schicken. Jetzt findet er sich im besetzten Holland wieder, wo er die technische Aufsicht über die Abschüsse hat.

Kay Caton-Walsh, Offizierin im Frauenhilfsdienst der britischen Luftwaffe, entkommt einem V2-Einschlag nur knapp. Als kurz darauf 160 Menschen von einer der Raketen getötet werden, vor allem Frauen und Kinder, meldet sie sich freiwillig zu einer lebensgefährlichen Mission. Zusammen mit Kameradinnen wird sie im befreiten Belgien abgesetzt. Dort sollen sie die mobilen Startplätze ausfindig machen und zerstören. 

Meine Meinung:

Nachdem mich "Der zweite Schlaf" 2019 absolut für sich begeistern konnte, war meine Leselust auf einen weiteren Roman von Robert Harris immens hoch - und wie so viele Vorsätze versank auch dieser erst einmal in den Tiefen meiner Bücherregale. Ein Mangel an Büchern von Robert Harris herrscht hier zwar eindeutig nicht, dafür sorgen alleine die vielen Bücherschränke in der Umgebung und doch griff ich eine ganze Weile zu anderen Geschichten. 

Als 2020 nun der neue Harris erschien und ich ihn in unserer Bücherei erblickte, schnappte ich ihn mir kurzerhand. Lange musste er auch nicht warten, zu groß war meine Neugierde, auch wenn das Thema mich nicht 100% ansprach. Wie so oft wirft Robert Harris uns in die Zeit rund um den zweiten Weltkrieg bzw. dessen baldiges Ende hinein und spielt auch in diesem Roman mit zwei Sichtweisen: 

Auf der einen Seite begleiten wir den deutschen Ingenieur Rudi Graf, welcher im besetzen Holland maßgeblich für die Entwicklung und Funktionalität der V2 Raketen zuständig ist, welche Deutschland den Sieg bringen sollen. Auf der anderen Seite erleben wir mit Kay Caton-Walsh, einer Offizierin der britischen Luftwaffe, einen Wettlauf gegen die Zeit und die Bombardierung ihres Landes, welcher sie bald an ihre eigenen Grenzen und darüber hinaus bringt.

Ich mag den Schreibstil und die Art, wie Harris seine Bücher aufzieht generell sehr gerne - seine Protagonisten sind zwar meist keine überaus einzigartige Charaktere, aber dennoch bleiben sie mir gut im Gedächtnis hängen und machen mich neugierig auf ihre Geschichte. Auch in "Vergeltung" rauschte ich bis circa Mitte des Buches durch die Seiten und hangelte mich von Kapitelcliffhanger zu Kapitelcliffhanger. Doch dann ließ er merklich nach, fokussierte sich sehr stark auf sein Hauptthema der V2 Raketen und zuckelte nur noch durch die Handlung, was mich ein wenig ernüchtert zurückließ.

Für mich war das ein ganz neuer Aspekt des 2. Weltkrieges - ich habe noch nicht Unmengen an Büchern zu diesem Thema gelesen, aber die V2 Raketen waren mir bis dahin unbekannt. Dies tat dem Lesefluss allerdings keinen Abbruch, da Robert Harris die Geschichte der Raketen und deren Verwendung detailliert erzählt und man mit dem Verlauf des Buches immer wieder einiges darüber erfährt. Für meinen Geschmack war es allerdings oft ein wenig ZU viel, die technischen Details und Erläuterungen habe ich irgendwann überlesen.

Ich habe in einer anderen Rezension eine Bemerkung gelesen, dass der Leser sich an vielen Stellen ein wenig wie in einem Sachbuch fühlte, was ich so nur unterschreiben kann. Gegen Ende hatte ich auch das Gefühl, dass es sich nur noch um die Raketen drehte, sodass alles andere in den Hintergrund trat, inklusive der Handlung. 

Viele offene Fäden, ein gefühlt schnell dahingeschriebenes Ende und auch seine beiden Hauptfiguren wurden recht lieblos behandelt, was deren Werdegang betraf - schade, da hätte ich mir mehr erhofft, vor allem für Kay, unsere Offizierin, hatte er kaum noch auf den Schirm und dementsprechend bekam sie das unspektakulärste Ende, was ich seit langem gelesen habe.

Im Nachhang erzählt Robert Harris, wie er zu dieser Geschichte inspiriert wurde und dass er den Großteil von "Vergeltung" während der Covid-19-Pandemie geschrieben hätte. 

"Vier Stunden jeden Vormittag, sieben Tage die Woche, vierzehn Wochen lang zog ich mich in mein Arbeitszimmer zurück und schloss die Tür - ein Lockdown innerhalb des Lockdowns." 

Ganz ehrlich? Entweder liegt die nachlassende Qualität daran, dass er in dieser kurzen Zeit diesen Text geschrieben hat ( auf Teufel komm raus ) oder es war ein altes Schubladenprojekt, was nun aufgrund mangelnder Inspiration neu aufgesetzt und halbherzig zu Ende gebracht wurde. Aber das sind nur meine Mutmaßungen.

Mein Fazit:

Starker Anfang, interessant aufbereitetes Thema rund um die V2 Raketen und deren Verwendung im 2. Weltkrieg - aber leider keine durchgehend spannungsreiche Handlung, von der ich mir weitaus mehr erhofft hätte, vor allem für die beiden Hauptprotagonisten, die gegen Ende ziemlich abgespeist wurden.

Ich vergebe 

~*3 ( von 5 ) Sterne*~

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