Smart oder Die Welt mit anderen Augen
Kim Slater
240 Seiten
Dtv Verlag
14,95 €
Kieran Woods sieht die Welt mit anderen Augen. Manches versteht er nicht, zum Beispiel warum sich die Polizei nicht um einen vermeintlichen Mord an dem Obdachlosen Colin Kirk kümmert, warum seine heißgeliebte Grandma nicht mehr zu ihm nach Hause kommt oder warum seine Mutter bei seinem Stiefvater Tony bleibt, auch wenn der sie immer wieder schlägt …
Und doch versteht er so viel mehr: nämlich dass Colin leben wollte, auch wenn er "nur" ein Obdachloser war. Und dass man etwas dafür tun muss, seine Grandma wiederzusehen, auch wenn es dafür sehr ungewöhnlicher Wege bedarf. Und für die Sache mit Tony wird ihm sicher auch noch etwas einfallen.
Meine Meinung:
Kieran Woods ist ein ganz besonderer kleiner Junge - warum? Nun, zum Großteil müsst ihr das selbst herausfinden, aber eins weiß ich: Er sieht die Welt mit anderen Augen, hinterfragt die einfachsten Dinge und zeigt uns Erwachsenen, das es nicht immer nur Schwarz und Weiß geben muss, sondern dass es auch die verschiedensten Schattierungen dazwischen geben kann.
Um was geht es?
Kieran macht eines Tages eine schreckliche Entdeckung: Er findet am Flussufer die Leiche eines Obdachlosen namens Colin - und damit versetzt er seiner eigenen, kleinen Welt einen gewaltigen Schubs. Denn die Polizei geht von einem selbstverschuldeten Tod aus, was Kieran nicht glauben möchte und so fängt er selbst an zu ermitteln - schließlich hat er genug CSI Staffeln gesehen und weiß was zu tun ist.
Und wo ist seine geliebte Grandma, die ihn seit Wochen nicht mehr besucht hat? All diesen Dingen will Kieran auf den Grund gehen - doch ob er es schafft und schlussendlich ein kleiner Held wird ... dies alles müsst ihr selbst erkunden!
"Und reingestochert", antwortete die Polizistin im Weggehen. "Rühr in Zukunft nie wieder eine Leiche an."
Ich wollte meine Rezension eigentlich damit beginnen, euch ein wenig von Kieran zu erzählen. Wer er ist, was ihn ausmacht und für mich besonders macht - und jetzt sitze ich seit 20 Minuten vor meinem Computer und die Worte fühlen sich alle nicht richtig an.
WIE kann ich euch diesen besonderen kleinen Jungen nur näher bringen? Fangen wir bei den Fakten an:
- Kieran ist um die 10-12 Jahre alt, sein exaktes Alter wird nie erwähnt in der Geschichte
- Wenn er sich aufregt, hört er in seinem Kopf ein lautes Meeresrauschen, was ihn meist wahnsinnig grantig macht
- In der Schule ist Miss Crane für ihn da, doch komischerweise ist er der einzige in der Klasse, der eine eigene Lehrerin für sich selbst hat
- Andere Kinder nehmen in nicht ernst, nennen in "Downy" und ärgern ihn unablässig - seine wahren Freunde sind seine Mum, seine Grandma und Jean die Obdachlose
- Kieran kann Menschen perfekt zeichnen - nur glauben ihm die meisten Erwachsenen nicht, dass ER diese Zeichnungen angefertig hat
DAS ist Kieran. Und doch macht ihn noch so viel mehr aus - wie z.B. seine unbändige Neugierde, sein größter Wunsch, später mal bei Sky News als Reporter zu arbeiten und seinen echten Dad kennen zu lernen.
Wir erleben die komplette Geschichte aus seiner Sicht. Kim Slater hat einen schnörkellosen, einfachen Schreibstil, der den Leser leicht in die Handlung eintauchen lässt und doch so viel geballte Erzählkraft besitzt, dass es einem schwer fällt, das Buch aus der Hand zu legen.


Dadurch erleben wir Kierans Gedankengänge in einer Art und Weise, die mir ab und zu einen Gänsehautschauer über den Körper gejagt hat, denn er denkt eben anders als andere und genau das macht ihn so einzigartig.
Aber auch Kieran ist kein perfekter Junge und so passiert es ihm schon ab und zu, dass er mit seiner direkten und eindringlichen Art und Weise den Leuten entweder ein wenig Angst macht oder sie einfach sprachlos zurücklässt. Denn wie jeder andere kleine Junge hält sich auch Kieran nicht jedes Mal an die Regeln, was der Handlung an gewissen Stellen eine gewisse Tragik-Komik verleiht.

Manchmal nerven die Regeln.
Was soll ich noch sagen zu dieser grandiosen Geschichte ohne zu viel zu verraten? Vielleicht, dass sie so viel mehr Überraschungen bereithält, als wie man vermuten möchte. Oder dass der Leser sehr viel mehr über Einstein und Lowry, den berühmten Maler, weiß als zuvor. Es ist keinesfalls eine reine Kriminalgeschichte, es dreht sich zwar viel um den toten Colin und Kierans Ermittlungen dazu, aber wer zwischen die Zeilen blickt, wird dort einiges mehr vorfinden.
Auch wenn die Handlung an manchen Stellen sehr lustig war, behandelt sich doch auch einige ernste Themen. Wer also eine lustig-komische Geschichte erwartet, wird bei manchen Szenen sehr zum Schlucken haben. Und trotzdem schafft es Kim Slater, dass diese Stimmung nicht überwiegt. Es ist ein facettenreicher, sprachgewaltiger Roman, der nicht nur für Jugendliche zu empfehlen ist, nein auch Erwachsene werden hier auf ihre Kosten kommen.


Mein Fazit:
Traut euch an diesen Roman heran. Lernt Kieran kennen und erlebt mit ihm eine tragisch-komische-herzerweichende Geschichte, die uns zeigt, dass niemand aufgrund seiner Andersartigkeit ausgeschlossen oder unterschätzt werden sollte. Seht durch seine Augen und ihr seht die Welt ein klein wenig anders.
Ich vergebe 5 ( von 5 möglichen ) Buchpunkte und spreche eine dringende Leseempfehlung aus!