Mittwoch, 17. April 2019

[Rezension] Das Leben, das wir begraben - Allen Eskens




*Werbung / Rezensionsexemplar*

Das Leben, das wir begraben von Allen Eskens

Umfang: 416 Seiten | Genre: Thriller

Verlag: Festa Verlag | Preis: 19,99 € 




Der Student Joe Talbert muss fürs College mit einem völlig Fremden ein Interview führen. Dafür sucht er in einem Pflegeheim nach der passenden Person und trifft auf den krebskranken, im Sterben liegenden Carl Iverson.

Doch Iverson ist kein harmloser alter Mann. Er ist ein verurteilter Mörder. Vor 30 Jahren soll er ein Mädchen missbraucht, umgebracht und in seinem Schuppen verbrannt haben. Nach einigen Gesprächen erkennt Joe, dass etwas an dem grausamen Mordfall nicht stimmt. Es gibt zu viele Widersprüche. Joe überkommt eine regelrechte Besessenheit, die Wahrheit herauszufinden … Doch das könnte seinen eigenen Tod bedeuten!

Meine Meinung:

Ich lese bereits seit Jahren Bücher aus dem Festa Verlag - waren es vor zwei Jahren noch die Extrem-Bände, die mich in ihren Bann zogen, sind es mittlerweile weniger die blutigen Geschichten, die mich faszinieren, sondern die Romane mit dem gewissen Etwas an Grusel, Unheimlichkeit und Grausamkeit.

Dementsprechend war ich unglaublich neugierig auf "Das Leben, das wir begraben", denn das hörte sich im ersten Moment für mich so gar nicht nach Festa an ... und wer das übliche Verlagsprogramm kennt, wird wissen von was ich spreche.

Leider lag es erst eine Weile auf meinem SUB, bis ich dazu griff. Ein großer Fehler wie sich rasch herausfinden sollte, denn kaum hatte ich einige Seiten gelesen, konnte ich nicht mehr aufhören. Die Geschichte sog mich regelrecht in sich ein und ließ mich nicht mehr los. Seite um Seite zog an mir vorbei, während ich überlegte, wem ich in diesem Buch trauen kann und wem nicht, wer die Wahrheit erzählt oder wer sich als gekonnter Lügenbaron entpuppt.

"Sie wissen gar nichts über mich", sagte ich. "Sie wissen nicht, wo ich herkomme oder womit ich mich herumschlagen muss. Sie haben keine Ahnung, welche Scheiße ich durchmassen musste, bevor ich hierher gekommen bin. Ob Sie mir ihre Geschichte erzählen, ist Ihre Sache. Das liegt ganz bei Ihnen. Aber wagen Sie es nicht, ein Urteil über mich zu fällen." 
Iverson warf einen Blick auf meine weiß hervortretenden Fingerknöchel, dann sah er mir in die Augen. [...] "Das ist gut", sagte er. "Was ist gut?" "Dass du verstehst, wie falsch es ist, jemanden zu verurteilen, bevor man seine Geschichte kennt."

Ein kurzer Abriss, um was es eigentlich geht: Joe Talbert, ein junger Student, soll für ein Projekt einen alten Menschen interviewen und dessen Lebensgeschichte aufschreiben. Da er keine lebenden Verwandten mehr hat, entschließt er sich in einem Pflegeheim nachzufragen. Dort trifft er auf Carl Iverson, 60 Jahre alt, schwer krebskrank und ein verurteilter Mörder und beschließt aus Zeitnot, ihn für sein Projekt zu interviewen.

Rasch jedoch kommen Zweifel in Joe auf, ob Carl wirklich diese grausame Tat begangen hat oder ob er damals zu unrecht verurteilt worden ist. Mithilfe seiner Nachbarin Lila fangen die beiden an zu recherchieren und müssen bald erkennen, dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie zu sein scheinen.
"Wenn du über ihn schreibst, dann achte darauf, die ganze Geschichte zu erzählen. Schreib nicht nur über den schwachen, alten Mann, der an Krebs stirbt. Erzähle ihnen von dem betrunkenen, verkommenen Kerl, der ein 14 Jahre altes Mädchen verbrannt hat. 
"Ich habe versprochen, die Wahrheit zu schreiben.", erklärte ich. "Und das werde ich."
Allen Eskens schafft es gekonnt, den Leser selbst zum Nachdenken zu zwingen und sich für eine Seite zu entscheiden: Glaubt man an die Unschuld Carl Iversons oder hat er tatsächlich vor 30 Jahren ein Mädchen missbraucht und in seinem Schuppen verbrannt? Tischt er Joe eine Lügengeschichte auf, die sich gewaschen hat oder steckt doch ein Fünkchen Wahrheit in dem, was er ihm erzählt?

Generell lag ich mit Carl komplett im Zwiespalt, wusste nicht wie ich ihn einschätzen sollte. Auf der einen Seite möchte man ihm glauben, da er sehr sympathisch auf seine Art und Weise wirkte, auf der anderen Seite merkte man ihm an, dass da ein dunkles Geheimnis in ihm schwelte und mehr in seiner Vergangenheit passiert ist, als er zugeben möchte.
Ich hatte halb erwartet, dass Carl Iverson ein Monster war, das man zur Sicherheit der anderen Bewohner mit Lederriemen an seinen Rollstuhl gefesselt hatte, oder dass er die  kalten, durchdringenden Augen eines Irren hatte, der zu allem Bösen fähig war, oder dass er die gebieterische Ausstrahlung eines berüchtigten Schurken hatte. Aber ich fand nichts davon.
Ein großer Pluspunkt war ebenfalls die Charakterzeichnung seiner Protagonisten. Joe, durch dessen Augen wir die ganze Handlung erleben, hat z.B. nicht nur mit seinen eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen, sondern muss sich nebenbei um seine alkoholkranke Mutter und seinen autistischen Bruder kümmern. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Alltag, durch den wir ihn begleiten, für einige Leser zu viel des Guten war, denn er nimmt einiges an Platz ein in der Geschichte und streckte die Erzählung dadurch um einige Seiten.

Für mich machte das Joe greifbarer, realer und gab mir das Gefühl, einen echten Menschen vor mir zu haben. Ebenso Carl Iverson und sein bester Freund Virgil oder Lila, seine Nachbarin - sie alle waren für mich keine blassen, unscheinbaren Figuren sondern jeder von ihnen hatte seine Ecken und Kanten, seine guten und weniger guten Seiten und sie alle hatten eins gemeinsam: Sie blieben mir im Gedächtnis, egal ob Nebenfigur oder Hauptprotagonist.
Als ich in jener Nacht schließlich Schlaf fand, wiegte ich mich im trügerischen Glauben, dass es bei meinem Treffen mit Carl Iverson keine Kehrseite gab, dass unsere Begegnung mein Leben irgendwie besser und einfacher machen würde. Im Rückblick war ich mindestens naiv.
Wenn ich auf hohem Niveau meckern müsste, würde ich sagen, dass es während der Nachforschungen, die Joe und Lila anstellen, schon viele Zufälle gab, die den beiden in die Hände spielten. Da öffneten sich Türen und Gelegenheiten, die den beiden als Studenten eigentlich geschlossen bleiben sollten.

Auch der größte und wichtigste Plottwist der Geschichte ging so mühelos vonstatten, dass ich ein wenig mit den Augen rollen musste ob seiner Einfachheit, doch danach nahm der Roman schwindelerregend schnell Fahrt auf und ein Ereignis jagte das Nächste, dass dieser Punkt rasch
vergessen war.

Während des Lesens war mir ab der Hälfte ungefähr klar, worauf der Autor abzielt und was für einen Weg er mit seinen Figuren beschreiten möchte und dennoch konnte er mich gegen Ende mit vielen Irrungen und Wirrungen gänzlich überraschen. Generell gab es auf den gesamten 414 Seiten einige Wendungen, die ich so nicht erwartet hatte und die die Geschichte in meinen Augen so um einiges aufregender gestalteten.

Mein Fazit:

Grandios! Eine spannende, überraschende Geschichte mit Tiefgang, Charakteren zum Anfassen und ein Plot zum Mitfiebern - ich bin mehr als begeistert und hoffe, dass das nicht das letzte Buch von Allen Eskens ist, welches ich lesen darf.

Es sind noch zwei weitere Romane von ihm im englischen Erschienen, bisher wurde aber nur dieses hier übersetzt. Deswegen hoffe ich inständig, dass das Festa Team sich seiner weiteren Werke annimmt, ich würde sie auf jeden Fall ohne zu zögern kaufen! 

*~5 von 5 Sterne~*

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an den Festa Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares, welches mich ich in einem liebevoll bestückten Paket erreicht hat. Danke für einige spannende Lesestunden und den netten Kontakt per Mail ... so macht es doppelt Spaß!

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