Dienstag, 13. August 2019

[Rezension] Black Box - Jennifer Egan



*Rezension*

Black Box von Jennifer Egan

Umfang: 96 Seiten | Genre: Roman

Verlag: Schöffling & Co. | Preis: 9,95 € 



Für ihren erfolgreichen Roman Der größere Teil der Welt erhielt Jennifer Egan den Pulitzer-Preis und zahlreiche andere Auszeichnungen – nicht zuletzt deshalb, weil sie in ihrem Werk immer wieder mit Erzählweisen experimentiert und verblüffend präzise unser heutiges Lebensgefühl trifft oder sogar Blicke in die Zukunft wagt.

Für ihre neue Geschichte Black Box gibt es noch keine Bezeichnung, denn auch hier betritt sie Neuland: Die Story wurde getwittert und erschien erst, nachdem die Kurznachrichten gesendet waren, gebündelt im New Yorker.
In der festgelegten Zeichenzahl von 140 Zeichen pro Tweet entfaltet Jennifer Egans Text eine ungeheure Explosionskraft. Eine namenlose, auf sich gestellte Frau ist auf einen hochrangigen Verbrecher angesetzt: Ihre Aufzeichnungen entfesseln eine atemberaubende, von Agententhrillern inspirierte Verfolgungsjagd, offenbaren dabei aber auch schonungslos den Umgang mit weiblicher Schönheit und technisch aufgerüsteten Körpern – eben als Black Box.

Meine Meinung:

Durch Marlene von ichlesefrauen.de bin ich auf diesen kleinen und recht unscheinbar aussehenden Roman gestoßen. Mit seinen 89 Seiten, dem schwarzen Buchschnitt und dem farblich passenden Lesebändchen ist es ein wahrer Lesegenuss - allein die Aufmachung macht einiges her und dabei passiert die ganze Magie tief im Inneren, vor den Augen Neugieriger verborgen.

Hinter "Black Box" steckt eine recht interessante Entstehungsgeschichte, die ich an dieser Stelle erzählen möchte und fast auch muss, um den Sog der Handlung genauer erklären zu können. Jennifer Egan twitterte ihre Geschichte Satz für Satz und erst danach erschien der komplette Text gebündelt im New Yorker.

Wer sich mit Twitter auskennt, weiß, dass jeder Tweet nicht mehr als 140 Satzzeichen enthalten darf ( das Buch erschien, bevor die Zeichenzahl auf 280 Zeichen angehoben wurde ) und dementsprechend kurz sind auch die Sätze, denen der Leser in diesem Roman begegnet. Genau das macht den ganzen Reiz aus, denn man spürt mit welcher Achtsamkeit die Autorin sich diesem experimentellen Schreiben gewidmet haben muss.

Für mich waren die meisten Sätze kleine Diamanten, funkelnde Sterne am Himmel, die sich in der Masse zu einem dichten Bild zusammenfügten. Das spannende an diesem Erzählstil war für mich, dass sich teils banale Sätze oder stakkatohafte Gedankengänge der Protagonistin mit malerisch-philosophischen Betrachtungen abwechselte und aus diesem ganzen Strudel entsponn sich nach und nach eine Geschichte, die mich zum Teil an James Bond Filme denken ließ.
Was dich bemerkenswert macht, sind weniger deine Fähigkeiten und Fertigkeiten als dein Mut und deine Entschlossenheit. Zu wissen, dass du eine von Hunderten bist, sollte sich nicht wie eine Herabsetzung anfühlen.  
Heroismus heute heißt, mit etwas zu verschmelzen, das größer ist als man selbst.
Doch um was geht es? Weder auf dem Buchrücken, noch im Klappentext wird auf die eigentliche Handlung eingegangen und so wird man als Leser ins kalte Wasser geworfen und muss sich erst ein wenig zurecht finden. Es geht um eine ganz normale junge Frau, die aus unergründlichen Dingen zur Spionin wird. Sie wird einem reichen Mann zur Seite gestellt als eine seiner "Schönheiten" und soll herausfinden, was für mit was für Geschäften er seinen Reichtum finanziert.

Alles beginnt sehr ruhig, die Agentin lässt den Leser oft teilhaben an den Grundsätzen ihrer Ausbildung und verschleiert dabei doch, aus welchen Gründen sie für diese Mission ausgewählt wurde. Dieser Aspekt bleibt bis zum Ende im Dunkeln, man bekommt hin und wieder Brotkrumen hingeworfen, die einen kleinen Teil des großen Mysteriums erleuchten und mich mit einigen Fragezeichen zum Schluss zurück ließen.

Trotzdem ist dies für mich kein richtiger Kritikpunkt, da die Länge des Romans dies schon im Vorfeld vermuten lässt und so hätte ich mir einfach nur gewünscht, die Autorin hätte diese Geschichte ausführlicher erzählt, um meine Neugierde zu befriedigen.
Denk daran, dass du als derselbe Mensch nach Haus zurückkehren musst, als der du fortgegangen bist. Denk daran, dass man dir versichert hat, dass du nicht mehr derselbe Mensch sein wirst. Denk daran, dass du schon vor deinem Weggang aufgehört hast, dieser Mensch zu sein. 
Denk daran, dass zu viel Denken sinnlos ist.
Mit Verlauf der Handlung steigert sich das Tempo und endet mit einer doch recht unerwarteten Wendung, die dem ganzen ein bisschen James Bond Feeling einhaucht. Am meisten überrascht hat mich der kleine Science-Fiction Aspekt, der wie nebenbei eingestreut wird und über welchen ich gerne mehr gelesen hätte.

Alles in allem ist es Jennifer Egan gelungen, mich gekonnt um den Finger zu wickeln und in keinem Moment zu langweilen. Ich hätte selbst nicht gedacht, dass diese Art zu Erzählen mich so mitnehmen und abholen könnte, ohne dass ich dabei abschweife oder dem Ganzen überdrüssig werde. Ein mitreißendes erzählerisches Experiment, das mich spielerisch von sich überzeugen konnte.

Mein Fazit:

Eine außergewöhnliche Erzählung, die meiner Meinung nach viel zu wenig beachtet wird und ein Erzählstil, der seinesgleichen sucht. Leser, die gerne über ihren Tellerrand hinaus lesen oder eine ungewöhnliche, aber dennoch spannende und nie langweilig werdende Geschichte suchen, wird hier fündig werden. James Bond Feeling inklusive!

Jennifer Egan wird definitiv zu einer Autorin werden, deren Werke ich mir nun näher ansehen möchte und von denen ich mir erhoffe, dass sie mir ebenso gut gefallen werden wie dieser Roman.

*~5 von 5 Sterne~*

Weitere Leseeindrücke findet ihr bei:

Marlene von ichlesefrauen.de, welche mich mit ihrer Rezension erst auf das Buch aufmerksam gemacht hat *KLICK*

Diese Rezension findet ihr auch bei der Aktion "LinkPARTY" von MonerlsWelt wieder. Eine fabelhafte Aktion für mehr Sichtbarkeit untereinander und mehr Aufmerksamkeit den Rezensionen gegenüber. 

1 Kommentar:

  1. Liebe Antonie,
    wow, was für ein Buch! Die Entstehungsgeschichte ist so ungewöhnlich, dass alleine dieses schon zum Lesen verführt! Hätte nicht gedacht, dass man auf diese Art ein (gelungenes) Buch schreiben kann. Freue mich, dass du mit diesem Buch an meiner Linkparty teilgenommen hast und ich wünsche der Autorin damit viel Beachtung!
    GlG, monerl

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