Montag, 26. August 2019

[Rezension] Girlsplaining - Katja Klengel



*Werbung / Rezension*

Girlsplaining von Katja Klengel

Umfang: 160 Seiten | Genre: Graphic Novel / Comic

Verlag: Reprodukt | Preis: 18,00 € 



Warum haben wir vor dem Wort “Vulva” mehr Angst als vor Voldemort? Müssen wir uns wirklich für unsere Körperbehaarung schämen? Wieso werden im Schulunterricht hauptsächlich männliche Autoren gelesen? Und warum sind die Geschlechterrollen bei Kinderspielzeug immer noch in den 1950er Jahren stecken geblieben?

In ihrer Comic-Kolumne “Girlsplaining” für das Online-Magazin “Broadly” versucht Katja Klengel diesen und weiteren Fragen auf den Grund zu gehen und erforscht dabei mit Humor und schonungsloser Offenheit auch ihre ganz persönlichen Ängste, Sorgen und vermeintlichen Unzulänglichkeiten – und was es bedeutet, im Jahr 2018 eine Frau zu sein.

“Girlsplaining” versammelt auf 160 Seiten die ersten sechs Episoden der Comic-Kolumne im schicken quadratischen Hardcover.

Meine Meinung:

"Girlsplaining" lag nun fast ein halbes Jahr unbeobachtet in meinem Bücherregal, bis ich es nun zur Hand nahm und in einem Atemzug inhalierte .... was nicht sonderlich schwer ist, sollte ich wohl dazu sagen, denn es ist eine kleine, aber umso wichtigere, Sammlung an Comic-Kolumnen von Katja Klengel, die sich sehr schnell lesen lassen und einen Appell an junge Leser*innen beinhalten:

Schämt euch nicht für euren Körper!

In einigen anderen Rezensionen habe ich einen Phrase immer und immer wieder gelesen, welche auch ich loswerden möchte, denn sie spukte mir während dem Lesen unablässig durch den Kopf: Wie gerne hätte ich dieses Buch in meiner Pubertät gelesen, wer weiß, vielleicht wäre ich dann mit vielen angesprochenen Themen komplett anders umgegangen.

"Verstehst du nun? Es gibt keinen falschen Körper. Also sei gut zu deinem." 

"Heisst das, ich soll mich nicht mehr rasieren?" 

"Mach, was immer du willst. Aber tue es nicht, um anderen zu gefallen."

Vielleicht wäre mir klar geworden, dass nicht nur ich viele Fragezeichen in meinem Kopf gehabt habe was meinen eigenen Körper angeht und vielleicht wäre mir auch viel früher der Begriff  "Body Shaming" über den Weg gelaufen und ich hätte mir eher ein dickeres Fell bzw. ein gesunderes Selbstvertrauen zugelegt.

Doch alles der Reihe nach. Wie bereits erwähnt, ist das Buch in sieben Abschnitte aufgeteilt, die sich jeweils einem Thema annehmen. Katja Klengels Zeichenstil ist einfach, kommt ohne großen SchnickSchnack aus und die Illustrationen sind farblich rosa gehalten. Mir gefiel der Stil zunehmend gut, er passte irgendwie zu der ganzen Thematik und unterstrich das, was sie dem Leser mitteilen wollte, auf unterhaltsame Art und Weise.

Wenn man bei den wuseligeren Bildern ein wenig genauer hinsieht, fallen einem die ein oder anderen netten kleinen Details auf, die mich oft zum Schmunzeln brachten. Generell gefiel mir der saloppe Schreibstil der Autorin sehr gut; hier wurde nichts umschrieben, beschönigt oder hinter vorgehaltener Hand dahin gemurmelt - nein, es wird ausgesprochen was ausgesprochen gehört und veranschaulicht dadurch noch mehr die Notwendigkeit des Ganzen.

Unsere Gesellschaft ist in gewissen Dingen unfassbar prüde geworden und umso wichtiger ist es, alles beim Namen zu nennen, um diese Verbortheit aufzubrechen.

Genau das schaffen diese kleinen Comic-Episoden, in denen ich mich etliche Male selbst wiederfand und die genau DAS ansprechen, was mich damals mit 13-14 Jahren umtrieben und beschäftigt hat.
"Heldinnen und Helden sind Begriffe aus alten Zeiten. Ein pathetisches Überbleibsel, das im Einzelnen Opferbereitschaft wecken soll. Ich finde, es wäre an der Zeit, keine Denkmäler für Heldinnen zu bauen, sondern eine Gemeinschaft, in der jeder auf den anderen achtet, gerade unter uns Frauen. 
Dann müssten wir zwar immer noch jeden Tag die Welt retten, uns gegen Beleidigungen und Anmachen oder Belästigungen zur Wehr setzen, aber wir müssten es nicht allein tun."
Ein Abschnitt nennt sich zum Beispiel "Sex und die Stadt", in welchem der Mythos entkräftigt wird, dass sich das Leben und Freundschaften bzw. Liebschaften wie in "Sex and the City" abspielen müssen. Wie sehr habe ich solche Filme immer gehasst, denn sie zeigten mir ein strahlendes, leichtes Leben in dem es nur um den nächsten Shopping-Trip oder abenteuerliche Romanzen ging, begleitet von Frauengesprächen, die meist beim Brunchen stattfanden und alle sich stets blendend verstanden.

Doch warum mein Leben nicht so? Was machte ich falsch? Und warum waren Frauen bzw Mädchenfreundschaften so schrecklich kompliziert? 

Ob ich mit damals einfach nur schrecklich naiv war oder mich zu sehr von solchen falschen Vorstellungen vereinnahmen hab lassen, kann ich jetzt nicht mehr sagen, allerdings zeigt es mir, wie schrecklich ich mich von diesen Filmen oder Darstellungen hab blenden lassen.

Dieser Comic hat genau mit dem Finger in diese Erinnerung von damals gegriffen und mir mit viel Augenzwinkern eines vermittelt: Ich habe nichts verpasst und bin nicht alleine mit meinem stinknormalen Leben, das so gar nichts von "Sex and the City" hat ... zum Glück! Denn ob ich damit glücklich geworden wäre, wage ich mal zu bezweifeln.

Ich könnte noch weitere Abschnitte mit meinen eigenen Erfahrungen umschreiben wie z.B. das Drama um die Beinhaare, das erste Mal und der dazu fehlende Orgasmus oder die Verschwiegenheit über die Periode und damit einhergehende Hygieneprodukte. Das würde diese Rezension allerdings sprengen und auch ein wenig zu weit führen.

Ich denke, jeder kann sich mit diesen Situationen auf eine bestimmte Art und Weise identifizieren und damit im besten Fall auch abschließen.

Ich habe während den verschiedenen Comics viel reflektiert, habe meinen Frieden mit den Erlebnissen in meiner Pubertät ( soweit möglich ) geschlossen und werde dieses Buch so oft es geht in Zukunft verschenken, empfehlen und für unsere Tochter aufbewahren, bis sie so alt ist und mit ähnlichen Thematiken zu kämpfen hat.

Außerdem habe ich gedacht, Menstruieren sei irgendwie ekelig und unhygienisch. Aus Scham habe ich mir anfangs immer Binden mit Blümchenduft gekauft. Und die allein wollen ja schon sagen: 
"WEIL DEINE MUSCHI STINKT!"

Dann werde ich "Girlsplaining" zücken, ihr es in die Hand geben und hoffentlich früh genug einen Weg zeigen können, mit hässlichen Kommentaren umzugehen und auf die Erwartungen der Gesellschaft und deren Engstirnigkeit gepflegt einen ... na, ihr wisst schon.

Mein Fazit:

Ein Buch was mich begeistert zurückgelassen hat und mir mal wieder zeigte, wie sehr wir unser Glück, ob körperlich oder seelisch, von der Gesellschaft, Freunden oder Familie abhängig machen und uns Dinge einreden lassen, die dazu führen, dass wir uns selbst und unseren Körper weniger lieben.

Genau aus diesen Grund ist "Girlsplaining" so so wichtig, denn mit viel Humor und einem grandiosen Zeichenstil zeigt die Autorin auf, wie man sich aus diesem Teufelskreis befreien kann und einen Schritt in die richtige Richtung geht - nämlich seinen Körper so zu lieben, wie er ist und alles andere dabei auszublenden.

RIESENGROßE Empfehlung und absolutes Verschenkpotenzial.

*~5 von 5 Sterne~*


Weitere Leseeindrücke findet ihr bei:

Bei Anabelle von Stehlblüten findet ihr nicht nur eine Rezension zu diesem Comic, sondern auch ein Interview mit der Autorin geführt. *HIER* könnt ihr den wunderbaren Beitrag nachlesen.

Juliane von IamJane sagt über Girlsplaining: "Ach, ich könnte in die Hände klatschen so gut finde ich den Comic! Ich mag nicht nur ihre Art, die Szenen so treffend aufzuzeigen, nein auch der Witz darin ist herrlich." Ein *klick* und ihr könnt hier ihre Rezension mit sehr vielen tollen Bildern finden!

Mareike von CrowandKraken hat eine Kurzbesprechung auf ihrem Blog hochgeladen, welche *HIER* versteckt ist.

"Besonders gut gefallen hat mir die leichte und lockere Art auf die Katja Klengel mit dem Thema umgeht und die ganze Sache nicht so bitterernst nimmt." - sagt Stephanie von BellasWonderworld über Katja Klengels Buch und bringt es damit *klick* auf den Punkt.

Auch bei Jill von Letterheart findet sich *HIER* eine kurze und knackige Empfehlung, die alles in allem recht positiv ausfällt - Lest selbst!

Ramona von Eltragalibros hat *klick* sich viele Gedanken rund um den Comic und dessen Themen gemacht und eine wunderbar ehrliche Rezension verfasst.

6 Kommentare:

  1. Hey.
    das Buch habe ich jetzt schon öfters gesehen und jedes mal gedacht du solltest es dir langsam auch mal genauer anschauen. Bis jetzt ist es leider noch nicht gekommen. Aber jetzt werde ich mir es das nächste mal kaufen wenn ich es sehe. Oder auch jetzt gleich. Hach wer weiß das schon so genau.
    Deine Rezension ist wirklich toll und ich finde es immer wieder gut wenn ein Buch einen zum Nachdenken anregt. Besonders bei vielen verschiedenen Themen.

    Liebe Grüße Denise

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    1. Hallo Denise,

      oh danke für das Kompliment und die Blumen in virtueller Form für meine Rezension! Es ist wirklich ein ganz besonderer Sammelband, den wohl jeder für sich ganz anders entdecken wird - ich hoffe, wenn du es dir kaufst, kann es dir genauso viel geben wie mir. Lass es mich doch wissen, wie es dir gefallen hat, wenn du es gelesen hast, da bin ich ja unendlich neugierig immer!

      Liebste Grüße zu dir, hab einen schönen Sonntag.
      Antonie

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  2. Liebe Antonie,

    wow, ein toller Beitrag! Und ein Buch über ein unglaublich wichtiges Thema. Ich bin immer wieder begeistert über die neuen Leseinspirationen hier auf deinem Blog. Es ist zwar noch etwas früh, aber der Beitrag passt wunderbar zum feministischen September. Darf ich den schon im Übersichtsartikel verlinken?

    Liebe Grüße,
    Nico

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    1. Hallo Nico,

      ach danke, da werde ich ganz rot bei solchen Komplimenten. Klar darfst du den Artikel verlinken, ich muss auch endlich mal Beiträge für den Themenmonat tippen ... im Kopf sind die schon alle da, nur unsere kleine Tochter muss mich da mal dran und auf den Blog entstehen lassen!

      Ich freue mich sehr auf den Femtember, liebste Grüße,
      Antonie

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  3. Liebe Antonie,

    eine wunderbare Rezension zu einem tollen Comic! Vielen Dank auch fürs Verlinken - ich verlinke deine Rezi auch gleich in meinem Post ;)

    Viele Grüße
    Bella

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    1. Hallo Bella,

      keine Ursache, ich muss auch echt manche Verlinkungen von alten Rezensionen nachholen - ich mag es auch so gerne, in andere Rezensionen hineinzuschnuppern und bin dann doch zu "faul" *hust* andere zu suchen und zu verlinken. ABER damit ist jetzt SCHLUSS und nach jedem Tippen einer Rezension werden fleißig andere Blogrezensionen gesucht und verlinkt. Doofer Schweinehund!

      Liebste Grüße,
      Antonie

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