Freitag, 10. September 2021

[Rezension] Besuch aus ferner Zeit - Katherine Webb



Werbung / Rezensionsexemplar

Besuch aus ferner Zeit von Katherine Webb

Umfang: 576 Seiten Genre: Familiengeschichte

Verlag: DianaPreis: 20,00 €


Liv Molyneaux ist gerade in das alte Haus ihres Vaters in Bristol gezogen. Er ist verschwunden und Liv glaubt nicht an die Theorie der Polizei, dass er Selbstmord begangen hat. Sie hofft, zwischen Martins Sachen in der Wohnung und der Buchbinderwerkstatt einen Hinweis zu finden.

 Neben der Trauer um ihr totgeborenes Kind wird Liv nachts immer wieder von seltsamen Geräuschen und dem Weinen eines Babys geweckt. Ist das alles Einbildung, oder steckt mehr dahinter?

Meine Meinung:

"Besuch aus ferner Zeit" von Katherine Webb hätte mich so direkt gar nicht angesprochen, hätte ich nicht eine Besprechung von Juliane auf ihrem Blog iamjane.de gelesen. Aus diesem Grund durfte die Geschichte bei mir einziehen und entführte mich auf zwei Zeitebenen nach England zu den Christmas Steps, einer sehr alten historischen Straße im Herzen Bristols.

Gleich zu Anfang sei gesagt, dass sich hinter diesem beschaulich wirkenden Cover eine sehr düstere Handlung verbirgt, die definitiv Triggerwarnungen vorweg gebraucht hätte wie z.B. Kindstod, rassistische Ausdrücke, Mord und Suizid. 

Warum Verlage im Jahr 2021 immer noch meinen, dies nicht zu benötigen, ist mir ein Rätsel, denn diese zu integrieren tut a) niemanden weh, b) nimmt nicht viel Platz weg und c) lässt den Leser*in über die Motive nicht im Dunkeln, die im schlimmsten Fall retraumatisierend sein können.

Wir begegnen in der heutigen Zeit Liv, welche in den Laden ihres verschwundenen Vaters zurückkehrt, nach dem sie selbst einen traumatischen Schicksalsschlag verwinden musste und nun sich auf die Suche nach ihm begibt. 
Im zweiten Blickwinkel folgen wir Bethia ins Jahr 1830, welche ein Armenhaus leitet und dort eine neue Bewohnerin dort aufnimmt, die sie bald in gehörige Schwierigkeiten bringt, denn sie weiß um ein Geheimnis aus Bethias Vergangenheit, dass diese schon lange begraben wähnte.

Donnerstag, 2. September 2021

[Top Ten Thursday] 10 Bücher von Autor*innen, deren Nachname mit einem U / V anfängt


Der Top Ten Thursday ist eine Aktion, die ursprünglich von Alice im Bücherland 2011 ins Leben gerufen worden ist - aktuell wird sie von Weltenwanderer bzw. Alexandra weitergeführt und so darf jeder Blogger*in, der Lust und Spaß an dieser Challenge hat, daran beteiligen. 

Worum geht es genau?

Um es kurz zu machen, es geht um Listen! Bücherlisten, um es genau zu sagen! Jeden Donnerstag könnt ihr eine Liste zu einem vorgegebenen Thema erstellen. Das jeweilige Thema gebe ich immer vorab hier weiter unten bekannt. Falls ihr zu einem Thema eine Liste erstellt habt, dann hinterlasst bei meinem betreffenden Post euren Link, sodass euch auch die anderen Teilnehmer besuchen können.

Denn im Grunde geht es beim TTT darum, dass man sich mit anderen Bloggern austauscht. Also postet nicht nur einfach euren Link unter meinen Beitrag, sondern geht auch auf Stöberrunde! Man kann zu jederzeit beim TTT einsteigen und es besteht auch keine wöchentliche Teilnahmepflicht.

Diese Woche steht der Top Ten Thursday unter dem Motto "10 Bücher von Autor*innen, deren Nachname mit einem U / V anfängt" - lasst uns also einen Blick in das Bücherregal vom Herzensmann und mir werfen, um zu sehen, was für Schätze sich dort so verbergen.

1. Barbara Vine "Die im Dunkeln sieht man doch"

Der Thriller ‚A Dark Adapted Eye‘ wurde von Renate Orth-Guttmann so meisterhaft übersetzt, dass die Übersetzung mit dem ‚Wieland-Übersetzerpreis‘ ausgezeichnet wurde. Ein Niveau, welches der Dichte und der Spannung des Originalmanuskript angemessen ist. 

Unter ihrem Pseudonym Barbara Vine hat hier eine der ganz Großen der britischen Kriminalliteratur einen exzellenten Psycho-Thriller vorgelegt: Ruth Rendell. Die 1930 in London geborene Schriftstellerin hat über Jahrzehnte Maßstäbe gesetzt. Nicht weniger als fünf ihrer Bücher wurden in die Liste des Guardian der 1000 Romane aufgenommen, die jeder gelesen haben sollte. 

2. Gary Victor "Schweinezeiten" 

„Schweinezeiten“ ist ein Krimi des haitianischen Autors Gary Victor. Der 1958 in der Hauptstadt Port-au-Prince geborene Victor gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Schriftstellern der Karibik. Seine Romane, Erzählungen und Theaterstücke, angefüllt mit schwarzem Humor und einer gehörigen Portion Sozialkritik sind mehrfach preisgekrönt. 

Der unter dem Originaltitel ‚Saison de porcs‘ erschienene Krimi umschmeichelt die skurrile Figur den ehemaligen Elite-Polizisten und jetzigen Trinkers Dieuswalwe Azémar. Zusammen mit dem zutiefst frustrierten Inspector werden die Lesenden durch die Geschichte in einen Mahlstrom aus Korruption, okkulten Machenschaften und Wahnsinn geschleudert. 

3. Helle Vincentz "Die weisse Bestie"

Die 1978 geborene dänische Autorin Helle Vincentz arbeitete zunächst in der Ölindustrie und später als freie Journalistin, u.a. für Jyllands Posten. Deutliche Spuren in ihrem Schaffen hinterließ ihre schwere Kindheit. Der Vater war Alkoholiker und beging Selbstmord, die Mutter starb an Krebs. 

In einem Sachbuch (dt.: „Jung und verlassen: Wenn Eltern vorzeitig sterben“) verarbeitete sie ihre Erfahrungen und wandte sich erst danach dem Schreiben von Romanen zu. Mit ‚Die weiße Bestie‘ legte Vincentz ihren ersten Thriller vor. Das Buch ist zugleich Start einer Reihe um Caroline Kayser, die Angestellte eines Ölmulties.

Mittwoch, 11. August 2021

[Rezension] Die Welt ohne Fenster - Barbara Newhall Follett

 

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Die Welt ohne Fenster von Barbara Newhall Follett

Umfang: 192 Seiten Genre: Kinderbuch

Verlag: DianaPreis: 18,00 €


Die junge Eepersip möchte nicht in einem Haus mit Türen, Fenstern und einem Dach leben. Ihr Herz verlangt nach dem Duft von Erde, nach dem Wind, der durch Baumkronen bläst, nach dem beständigen Summen und Brummen von Insekten. 

Sie läuft davon, um in der Wildnis zu leben – zuerst auf einer Waldwiese, dann am Meer, und schließlich in den Bergen. Ihre Eltern sind zutiefst betrübt. Sie folgen ihr, bringen sie zurück in die vermeintliche Sicherheit und sperren sie in der erdrückenden Stille des Hauses ein. Doch Eepersip lässt sich nicht aufhalten: Sie entkommt ein zweites Mal und folgt ihrem wilden Herzen nach draußen, ganz weit weg.

Meine Meinung:

"Die Welt ohne Fenster" wäre mir wohl nie begegnet, hätte ich sie nicht irgendwo auf Twitter mit einem kurzen Blick erhascht und mich auf die Sekunde danach verliebt - denn nicht nur der Schutzumschlag ist ein Fest für das Auge, nein, auch die Innengestaltung von der Illustratorin Jackie Morris fängt die Seele dieser Geschichte auf eine ganz besondere Art ein.

Und auch das hätte mich vielleicht nicht restlos überzeugt, wäre da nicht dieses mysteriöse Verschwinden der Autorin selbst, das meine Aufmerksamkeit fesselte und näher recherchieren ließ. Denn Barbara Newhall Follett verschwand 1939 spurlos, wurde nie wieder gesehen und bis heute rankt sich dieses Mysterium um ihre Person. Wer dazu näheres lesen möchte, dem verlinke ich *HIER* einen Artikel über diesen Fall - er ist sehr lesenswert. 

Kurzum, ich bin unfassbar froh, auf dieses Kleinod gestoßen zu sein und legte es zu meiner Schande kurz nach seiner Ankunft für eine viel zu lange Zeit unbeachtet in ein Bücherregal ... bis ich vor zwei Tagen eine Lust darauf verspürte und es mich in eine wundervolle Welt entführen durfte.

Samstag, 16. Januar 2021

[Rezension] Ronja Räubertochter - Astrid Lindgren



Rezension

Ronja Räubertochter von Astrid Lindgren

Umfang: 240 Seiten Genre: Kinderklassiker

Verlag: OetingerPreis: 15,00 € 


Mitten im Wald, zwischen Räubern, Graugnomen und Wilddruden, wächst Ronja, die Tochter des Räuberhauptmanns Mattis, auf. Eines Tages trifft sie auf ihren Streifzügen Birk, den Räubersohn aus der verfeindeten Sippe von Borka. Und als die Eltern den beiden verbieten, Freunde zu sein, fliehen Ronja und Birk in die Wälder …

Meine Meinung:

Lang lang ist es her, dass ich ein Buch von Astrid Lindgren gelesen habe - ich glaube fast (wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt), dass ich behaupten kann, selbst noch nie eine ihrer Geschichten entdeckt zu haben, sondern ihnen bisher ausschließlich beim Vorlesen mit meiner Mama begegnet bin.

Und wie toll meine Mama vorlesen konnte ... da wurden die verschiedensten Stimmen ausgepackt, die Stimmung aus dem Buch förmlich in mein Kinderzimmer gezogen und die buntesten Bilder in meine Fantasie gepflanzt. Was waren das für schöne, gemütliche Stunden damals, eingekuschelt mit einer heißen Schokolade diesen Geschichten lauschen zu dürfen. 

Ach ja, ein wenig wehmütig wird mir da ums Herz, aber ich hoffe, diese Zeiten irgendwann mit meiner eigenen Tochter wieder erleben zu dürfen, sie durch die unterschiedlichsten Bücher in fremde Welten entführen zu können und dort gemeinsam Abenteuer mit ihr bestreiten zu dürfen - was für eine schöne Vorstellung.

Doch genug von meinen Kindheitserinnerungen, zurück zu Ronja und ihren Abenteuern im Mattiswald. Beim Sortieren meiner Bücher fiel mir dieses Werk von Lindgren schon unendlich oft in die Hände, Anfang 2019 hatte ich es mal kurz angelesen und dann nicht mehr weiterverfolgt, doch Ende letzten Jahres war es endlich soweit: 

Die Geschichte rief mich zu sich und ich versank augenblicklich in der rauen, wilden und ungestümen Welt der Ronja Räubertochter.

Mittwoch, 13. Januar 2021

[Rezension] Vergeltung - Robert Harris



Rezension

Vergeltung von Robert Harris

Umfang: 368 Seiten | Genre: Spionagethriller

Verlag: Heyne | Preis: 22,00 € 



November 1944. Das Deutsche Reich steht vor der Niederlage. In einer Großoffensive setzt es seine modernste Waffe ein – die V2. Tausende dieser ballistischen Raketen mit schwerem Sprengkopf werden auf England abgeschossen. Radar und Aufklärer können sie nicht orten – wie aus dem Nichts stürzen sie mit Überschallgeschwindigkeit auf London herab.

Der Ingenieur Rudi Graf hat mit seinem Freund Wernher von Braun einst davon geträumt, einmal eine Rakete zum Mond zu schicken. Jetzt findet er sich im besetzten Holland wieder, wo er die technische Aufsicht über die Abschüsse hat.

Kay Caton-Walsh, Offizierin im Frauenhilfsdienst der britischen Luftwaffe, entkommt einem V2-Einschlag nur knapp. Als kurz darauf 160 Menschen von einer der Raketen getötet werden, vor allem Frauen und Kinder, meldet sie sich freiwillig zu einer lebensgefährlichen Mission. Zusammen mit Kameradinnen wird sie im befreiten Belgien abgesetzt. Dort sollen sie die mobilen Startplätze ausfindig machen und zerstören. 

Meine Meinung:

Nachdem mich "Der zweite Schlaf" 2019 absolut für sich begeistern konnte, war meine Leselust auf einen weiteren Roman von Robert Harris immens hoch - und wie so viele Vorsätze versank auch dieser erst einmal in den Tiefen meiner Bücherregale. Ein Mangel an Büchern von Robert Harris herrscht hier zwar eindeutig nicht, dafür sorgen alleine die vielen Bücherschränke in der Umgebung und doch griff ich eine ganze Weile zu anderen Geschichten. 

Als 2020 nun der neue Harris erschien und ich ihn in unserer Bücherei erblickte, schnappte ich ihn mir kurzerhand. Lange musste er auch nicht warten, zu groß war meine Neugierde, auch wenn das Thema mich nicht 100% ansprach. Wie so oft wirft Robert Harris uns in die Zeit rund um den zweiten Weltkrieg bzw. dessen baldiges Ende hinein und spielt auch in diesem Roman mit zwei Sichtweisen: 

Auf der einen Seite begleiten wir den deutschen Ingenieur Rudi Graf, welcher im besetzen Holland maßgeblich für die Entwicklung und Funktionalität der V2 Raketen zuständig ist, welche Deutschland den Sieg bringen sollen. Auf der anderen Seite erleben wir mit Kay Caton-Walsh, einer Offizierin der britischen Luftwaffe, einen Wettlauf gegen die Zeit und die Bombardierung ihres Landes, welcher sie bald an ihre eigenen Grenzen und darüber hinaus bringt.

Ich mag den Schreibstil und die Art, wie Harris seine Bücher aufzieht generell sehr gerne - seine Protagonisten sind zwar meist keine überaus einzigartige Charaktere, aber dennoch bleiben sie mir gut im Gedächtnis hängen und machen mich neugierig auf ihre Geschichte. Auch in "Vergeltung" rauschte ich bis circa Mitte des Buches durch die Seiten und hangelte mich von Kapitelcliffhanger zu Kapitelcliffhanger. Doch dann ließ er merklich nach, fokussierte sich sehr stark auf sein Hauptthema der V2 Raketen und zuckelte nur noch durch die Handlung, was mich ein wenig ernüchtert zurückließ.

Freitag, 1. Januar 2021

[Rezension] The Travelling Bag and other Ghost Storys - Susan Hill



*Rezension*

The Travelling Bag von Susan Hill

Umfang: 192 Seiten | Genre: Gruselroman

Verlag: Profile Books | Preis: 13,94 € 


  
From the foggy streets of Victorian London to the eerie perfection of 1950s suburbia, the everyday is invaded by the evil otherworldly in this unforgettable collection of new ghost stories from the author of The Woman in Black. In the title story, on a murky evening in a warmly lit club off St James, a bishop listens closely as a paranormal detective recounts his most memorable case, one whose horrifying denouement took place in that very building. 

In 'The Front Room', a devoutly Christian mother tries to protect her children from the evil influence of their grandmother, both when she is alive and when she is dead. A lonely boy finds a friend in 'Boy Number 21', but years later he is forced to question the nature of that friendship, and to ask whether ghosts can perish in fires. 

This is Susan Hill at her best, telling characteristically flesh-creeping and startling tales of thwarted ambition, terrifying revenge and supernatural stirrings that will leave readers wide-awake long into the night.

Meine Meinung:

Vor dieser Kurzgeschichten-Sammlung habe ich mich lange herum gedrückt - eigentlich hatte sich der Herzensmann dieses Buch vor einer halben Ewigkeit selbst gekauft und dann stand es ( wie nicht selten nach spontanen Käufen, die man dann irgendwie schnell wieder vergisst nach der ersten Euphorie ) lange Zeit in unserem Bücherregal im Schlafzimmer und wartete darauf, gelesen zu werden. Als ich es mir für das Gruselbingo auf die Liste setzte, wollte ich mir selbst ein wenig Mut machen, es doch endlich mal zu lesen. 

Bei jeder neuen Ziehung für das nächste Bingobuch hatte ich ein wenig Bammel davor, dass es dieses Buch werden könnte, denn ich hatte die Befürchtung, wie eine Schnecke durch die Geschichten zu kriechen und dadurch in eine Leseflaute abzutauchen. Als es dann endlich so weit war und ich es eines Abends dann in die Hand nahm, kratzte ich mein in die Jahre eingerostetes Englisch zusammen und sprang todesmutig zwischen die Buchdeckel. 

Doch all meine Ängste diesbezüglich lösten sich bereits wenige Seiten später in Luft auf, denn auch wenn ich während des kompletten Buches garantiert nicht alles einwandfrei verstanden habe, so zog mich Susan Hill doch beharrlich und unnachgiebig in ihre düsteren, atmosphärischen Geistergeschichten hinein und lehrte mich gewaltig das Gruseln.

Freitag, 16. Oktober 2020

[(Gast)Rezension] Der dunkle Bote - Alex Beer



*Rezension*

Der dunkle Bote von Alex Beer

Umfang: 400 SeitenGenre: Kriminalroman

Verlag: Limes VerlagPreis: 20,00 €



Wien im November 1920: Ein unerwarteter Kälteeinbruch hat die Ernten vernichtet, jeder dritte Mann ist arbeitslos, und das organisierte Verbrechen hat Hochkonjunktur. Doch der Mordfall, der jetzt die Stadt erschüttert, übertrifft alles bislang Dagewesene: Ein Toter wird bizarr zugerichtet und von einer Eisschicht bedeckt aufgefunden. Kurz darauf taucht ein Bekennerschreiben auf. 

Kriminalinspektor August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter ermitteln – und das ist nicht das einzige Rätsel, das sie zu lösen haben, denn noch haben sie Xaver Koch nicht aufgespürt, den Mann, der Emmerichs Lebensgefährtin entführt hat und der sich als gefährlicher Gegner entpuppt ...

Jürgens Meinung:

Ich gebe ja zu, ein Cover-Junkie zu sein. Gefällt mir ein Cover, bin ich schnell offen für ein Buch. Gefällt mir das Cover nicht oder gehört es deutlich zu den aktuellen Trends (z.B. Frauenrücken vor Gebäudekulisse), hat es der Klappentext noch schwerer, mich zu überzeugen. Die Hardcover-Ausgabe, die ich gelesen habe, hüllt sich in reduziertes schwarz-weiß, lediglich der Titel ist in gelb gehalten. Motiv und Gestaltung passen gut in die Zeit und zur Handlung, ohne aufdringlich zu sein.

‚Der dunkle Bote‘ ist bereits Band 3 der ‚August-Emmerich-Reihe‘ und ich habe die beiden Vorgängerbände nicht gelesen. Der Limes-Verlag gibt an, man könne alle Bände auch für sich lesen und ich kann das bestätigen. Obwohl die Nebenhandlung zum Verschwinden von Emmerichs Lebensgefährtin Luise aus den früheren Bänden fortgeführt wird, fehlt keine wichtige Information.

Bereits mit den nur zwei Seiten des ersten Kapitels hatte mich Alex Beer in ihre Geschichte gezogen. Relativ zügig nahm der Fall Fahrt auf. Eine wohlig-unangenehme Stimmung hüllte mich ein und sollte mich bis fast zum Ende begleiten. Die Autorin schafft es, mit wenigen, klug platzierten und zugleich undramatischen Worten und Sätzen durchgehend ein Klima drückender Kälte und Hoffnungslosigkeit zu zeichnen. 

Dabei erreicht die Beklemmung der Lesenden nie das Maß klassischer Noir fiction. Obwohl das Setting - eine von allgemeiner Kriminalität, Neid und Korruption geprägte Gesellschaft - dies zulassen würde, führt Alex Beer die Lesenden sehr geschickt an der Grenzlinie entlang. 

Die ‚Lichter der Hoffnung‘ verschwinden sozusagen nie ganz aus dem Blickfeld und bei aller Brutalität der Morde verliert sich Beer - für meinen Geschmack - nie zu sehr in blutigen Details. 

Bis hierhin also eine absolut gelungene Konstruktion. Leider muss ich jetzt einige Abstriche machen, wenn es um die Charaktere geht. August Emmerich, obwohl erfahrener und durchaus nicht unintelligenter Kriminalbeamter ‚verläuft‘ sich in Aktionen, die eher Anfängerniveau sind. Dies geschieht insbesondere in der Nebenhandlung seiner verschwundenen Lebensgefährtin Luise. Mehrere der dort agierenden Figuren: Emmerich selbst, Xaver Koch, sein Gegenspieler und Luise wirkten für mich überzeichnet. Emmerich in einer Form tapsiger Naivität, Xaver Koch als allwissender, diabolischer Erzschurke und bei Luise … ja, bei Luise wollte ich beständig aufstöhnen „Ach Luise!“. 

Ihre Handlungen (oder besser ‚Nicht-Handlungen‘) passen so gar nicht zum Bild einer dreifachen Mutter, die ihre Familie durch sechs Kriegs- und Nachkriegsjahre manövriert hat. Wie die Bösartigkeit Kochs, wirkte ihre Hilflosigkeit auf mich überzeichnet. 

Von der Nebenhandlung abgesehen, führt ‚Der dunkle Bote‘ die Lesenden zielsicher in die dunklen Abgründe der maladen Stadt Wien. Der Spannungsbogen wird mit großer Professionalität exakt gezogen. Nie hatte ich, auf den fast 400 Seiten des Buches, das Gefühl, den Kontakt zur Story zu verlieren oder durch langweilige Abschnitte ablenkbar zu werden. 

Alles in allem, sollte man meinen, also ein sehr empfehlenswertes Buch. Ja, fast. Denn das Ende, die Auflösung der Geschichte, weist einzelne Logik-Lücken auf. 

Der ‚Schlussstein‘, um es so zu nennen, das zentrale Element der Lösung, würde deutlich besser in einen Fantasy-Roman passen. Ob die Autorin dieses Element vielleicht eher als Allegorie verstanden wissen will, kann ich nicht beurteilen. Auch wenn ich fantastischen Elementen in Kriminalromanen nicht grundsätzlich abgeneigt bin, ließ mich dies etwas ratlos zurück. 

Jürgens Fazit:

Trotzdem noch einmal: Eine spannend erzählte, atmosphärisch dichte Story aus einer dunklen Zeit. Von den vorgenannten Kritikpunkten abgesehen, eine empfehlenswerte Lektüre. Ich vergebe

~*3 ( von 5 ) Sterne*~

Mittwoch, 23. September 2020

[Rezension] Der Fluch von Carrow House - Darcy Coates



*Werbung / Rezensionsexemplar*

Der Fluch von Carrow House von Darcy Coates

Umfang: 416 Seiten | Genre: Horror

Verlag: Festa Verlag | Preis: 14,99 € 


Remy arbeitet als Tourguide in Carrow House. Sie führt Menschen durch das berüchtigte Spukhaus und erzählt ihnen von den Geschehnissen, die sich einst in diesen Mauern zutrugen. Als eine Reisegruppe für eine ganze Woche einen Aufenthalt bucht, um die unheimlichen Phänomene zu untersuchen, hofft Remy, selbst endlich einige zu erleben. Und tatsächlich: Nach einer Séance nimmt die paranormale Energie so weit zu, dass Fenster zerbrechen und gespenstische Erscheinungen durch die Flure schreiten.

Dann stirbt einer der Gäste und Remy zieht die Möglichkeit in Betracht, dass der Geist des einstigen Eigentümers noch in den Hallen weilt: John Carrow. Und der war ein irrer Serienmörder …

Meine Meinung:

Dies war mein viertes Buch beim Gruselbingo und nach den ersten drei eher verhalten gruseligen Geschichten hatte ich mir bei "Der Fluch von Carrow House" ein wenig mehr Gänsehautfeeling gewünscht ... nichtsahnend, dass ich das Grauen frei Haus bekommen würde und der Grusel mich eiskalt verschlingen sollte.

Wir begleiten Remy, welche als Tourguide Führungen durch das sagenumwobene und verspukte Carrow House anbietet. Nach eine dieser Führungen meldet sich ein Teilnehmer bei ihr und bietet Remy ein unwiderstehliches Angebot an; er möchte mit ihr und einigen anderen Gästen zwei Wochen in Carrow House verbringen und dort versuchen, übersinnliche Phänomene aufzuzeichnen. 

Doch was sich als interessante Möglichkeit darstellt, wird schnell zum bitteren Ernst für alle Beteiligten und der Horror senkt sich über die Gruppe, gnadenlos und furchterregend.

Die Handlung steigt direkt mit einer düsteren Atmosphäre ein, welche mir bereits auf den ersten Seiten den ein oder anderen Nervenkitzel bescherte - Darcy Coates versteht es perfekt, eine dichte Stimmung zu erzeugen, die im Laufe der Geschichte immer schwerer auf dem Leser lastet und langsam aber sicher den Spannungsbogen nach oben zu treiben. 

Ist es am Anfang nur der Hauch oder eine leise Ahnung von Horror, der mich zum Atem anhalten brachte, so erwischte es mich später gegen Ende dermaßen kalt, dass ich vorblätterte um das Ende zu lesen und mir so den Grusel erträglicher zu machen.